Gewöhnliche Rosskastanie (Aesculus hippocastanum)
Die Gewöhnliche Rosskastanie
wird auch Gemeine Rosskastanie, Weiße Rosskastanie, Pferdekastanie oder Wilde Kastanie genannt. Die Herkunft des Gattungsnamens Aesculus ist unklar. Den botanischen Namen Aesculus übernahm Carl von Linné von antiken Schriftstellern wie Horaz und Plinius, wobei diese allerdings eine Eichenart mit essbaren Früchten meinten. Der Artname hippocastanum bedeutet "Pferdekastanie", da die Früchte bei Husten und Dämpfigkeit der Pferde angewendet wurden.
Die Gewöhnliche Rosskastanie wurde am 11. November 2004 zum Baum des Jahres 2005 ernannt. Der Studienkreis Entwicklungsgeschichte der Arzneipflanzenkunde am Institut für Geschichte der Medizin der Universität Würzburg kürte den Baum zur Arzneipflanze des Jahres 2008.
Vorkommen & Herkunft:
Durch die Kultur ist die Rosskastanie weit verbreitet und verwildert. Sie ist in allen gemässigten Klimazonen bis auf 1.200 m anzutreffen und bevorzugt schattige und feuchte Lagen (siehe auch Rosskastanien mit mehr Infos zur Geschichte). Der Baum zählt heute in Mitteleuropa zu den beliebtesten Allee- und Parkbäumen. Er stellt keine besonderen Ansprüche, bevorzugt jedoch frische bis feuchte, tiefgründige, nährstoffreiche Böden. Die Rosskastanie regiert jedoch empfindlich gegenüber Bodenverdichtung, sie verträgt vorübergehende Trockenheit gut, bevorzugt sonnigen bis absonnigen Standorte und ist sehr frosthart.
Weiße Rosskastanien gehören fest zu bayerischen Biergärten. Dies hat einen historischen Hintergrund, da die Bäume Flachwurzler sind, pflanzte man sie über die Bierkeller, da ihr Schatten sich positiv auf die Kühlung auswirkte. Da der Baum schmutzige Luft und Abgase gut verträgt, hat er sich als Stadtbaum in Europa stark verbreitet.
Die Merkmale der Pflanze:
Der sommergrüne Baum wird bis in der Regel 25 - 30 m hoch und kann ein Alter von 250 Jahren erreichen. Sein Stamm ist graubraun mit erst glatter, dann mit grobrissiger, schuppiger Rinde. Ältere Bäume besitzen eine graubraune, gefelderte Borke, dessen grobrissige Platten sich aufbiegen und in Schuppen abblättern.
Im Frühling erscheinen dicke, kegelförmige und klebrige dunkelrotbraun gefärbte Knospen. Aus ihnen entwickeln sich 5-7 Fiederblättchen mit bis zu 25 cm Länge und 10 cm Breite. Die einzelnen Fiederblätter sind länglich verkehrt- eiförmig, vorn zugespitzt und mit doppelt gesägtem Blattrand. Die mittleren sind erheblich größer als die randständigen, sie sind vorne mit schlanker und aufgsetzter Spitze. Die Oberseits ist stumpf dunkelgrün, unterseits etwas heller, kahl. Junge Blätter sind braunrot gefärbt und wollig behaart. Die Blattstiel sind 10-20 cm lang und am Grunde keulig verdickt. Das Herbstlaub ist goldgelb bis braungelb.
Die weißen Blüten stehen zahlreich (meist über 100 Einzelblüten) in aufrechtstehenden Rispen von pyramidalem Umriss, die bis 30 cm hoch werden. Im Volksmund werden sie auch Kerzen genannt Die Blütezeit ist zwischen April und Mai. Die Krone ist fünfzählig, weiß, mit rundlichen, lang genagelten Kronlättern, in der Mitte mit hellgelbem, später orangeroten und tiefroten Farbmal. Die Blüte besitzt 5-9 Staubblätter, die die Krone überragen. Sie hat, solange sie befruchtungsfähig ist, einen gelben Fleck. Wenn die Blüten älter werden, ist der Fleck rot. Das zeigt den Bestäubern, dass in den Blüten mit rotem Fleck nichts mehr an Nektar und Blütenstaub zu holen ist.
Die Früchte reifen am September. Der Fruchtknoten bildet zur Reifezeit eine 5-7 cm große, kugelige, grüne Stachelkapsel mit 1-2 rundlich-abgeflachten, glänzend rötlich-braunen Samen (Kastanien). Die derbe Schale springt bei der Reife auf. Die Samen besitzen einen weisslichem Nabelfleck.
Inhaltsstoffe:
Aesculin, Aescin, Alantoin, Angelinsäure, Bitterstoff, Kampferöl, Cholin, Cyanidin, Farbstoff, Flavone, Flavonglykoside, Fraxin, Gerbstoff, Gerbsäure, Cumarine, Linolensäure, Saponine
Die Rosskastanie ist leicht giftig. Bei Vergiftungen kommt es zu Erbrechen, Durchfall, Unruhe, Sehstörungen und Bewusstseinsstörungen.
Verwendung:
Kinder sammeln sie gerne und basteln mit ihnen. Daher sind Rosskastanien selbst "Stadtmenschen" schon in seit früher Kindheit bekannt. Für viele Tiere sind sie im Herbst willkommene Nahrung. Dank des stattlichen Wuchses des Baumes, seiner schönen Blätter und prächtigen Blüten ist er inzwischen in vielen Gärten und Parkanlagen anzutreffen.
Das Holz der Rosskastanie wird als geringwerzig eingestuft und findet als Bodenbelag und in der Kunsttischlerei Verwendung. Verbreitet ist der Volksglaube, dass das Tragen der Rosskastanien in der Tasche vor Gicht und Rheumatismus schützen soll.
Die Rosskastanien gelten als nicht essbar, was jedoch nicht ganz stimmt. Wenn man die schädlichen Saponine ausschwemmt, kann man die Rosskastaniensamen essen. Dazu röstet man die Samen bei niedriger Hitze leicht an, schält sie und schneidet sie in dünne Scheiben. Die Scheiben müssen dann mehrere Tage lang gewässert werden. Übergießt man die Rosskastanien mit kochendem Wasser, wird das Wasser seifig. Dieses Wasser kann man zum Waschen benutzen. Nach mehrfacher Wässerung kann man die Früchte kochen und essen.
Anbau:
Der Boden sollte tiefgründig, humus- und lehmreich, sowie frisch bis leicht feucht sein. Die Rosskastanie ist auch als Allee- und Straßenbaum geeignet, verträgt jedoch kein Streusalz. Sie kann durch Samen oder Wurzelstecklinge vermehrt werden, in Kultur auch bei Klonen und Hybriden durch Propfung.
Medizinische Anwendung:
Die Baumart enthält eine große Zahl an verwertbaren Substanzen, die aus Rinde, Blättern, Blüten und Früchten gewonnen werden. Eingesetzt werden sie vor allem aufgrund ihrer entzündungshemmenden und abschwellenden Wirkung.
- Das Extrakt hilft bei Beschwerden der chronischen Veneninsuffizienz - bei Schweregefühl, Schmerzen, Schwellungen und Juckreiz in den Beinen sowie bei nächtlichen Wadenkrämpfen. Ihr Hauptanwendungsgebiet findet sich bei Krampfaderbeschwerden und Hämorrhoiden. Der Wirkstoff Aescin dichtet geschädigten Blutgefäßwände ab, so dass weniger Flüssigkeit aus den Venen ins Gewebe übertritt.
- Rosskastanien-Tinktur und Tee stärken die Arterien stärken und halten sie von Ablagerungen frei.
- Die Blätter haben ein ähnliches Inhaltsstoffmuster wie die Rinde. Ein Tee der Blüten wirkt gegen Husten und Fieber.
- Aus der Rinde wird das UV-B absorbierende Aesculin gewonnen und findet Verwendung in Sonnenschutzmitteln.
- Die Kastanie wird unterstüzend bei Diabetes, Gicht und Ischiasbeschwerden angewendet.
- In der Homöopathie verwendet man die Inhaltsstoffe bei trockenen Katarrhen im Nasen- und Rachenraum, Hämorrhoiden und Unterschenkelgeschwüren.
Sammelzeit:
- Rinde: März
- Blüten: Mai
- Samen: September und Oktober
Aesculus hippocastanum L.
Systematik:
Klasse: Bedecktsamer (Magnoliopsida)
Ordnung: Seifenbaumartige (Sapindales)
Familie: Seifenbaumgewächse (Sapindaceae)
Unterfamilie: Rosskastaniengewächse (Hippocastanoideae)
Gattung: Rosskastanien (Aesculus)
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